Die 4 Säulen der Selbstwirksamkeitserwartung

Wie du die Säulen der Selbst­wirk­sam­keitserwartung für dein Empowerment nutzen kannst.

Mit praktischen Tipps zum Ausprobieren. 

Glaube an dich selbst 

Der amerikanische Sozialpsychologe Albert Bandura entwickelte das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung. Die Selbstwirksamkeitserwartung bezeichnet die Erwartung, dass man aufgrund eigener Kompetenzen gewünschte Handlungen erfolgreich ausführen kann. Im Kern geht es um die Frage: Bin ich überzeugt davon, dass ich eine Situation aufgrund meiner Fähigkeiten gezielt beeinflussen kann und damit ganz konkret einen Einfluss auf mein Leben habe? 

Im gegenteiligen Fall, d.h. wenn ich keine Selbstwirksamkeitserwartung habe, führe ich Veränderungen eher auf äußere Einflüsse wie andere Menschen, Zufall oder Glück zurück.

Du kannst dir bestimmt vorstellen, welche großen Unterschiede in der Selbstwahrnehmung dies mit sich bringt. Denn wenn ich davon überzeugt bin, dass ich unter Einsatz meiner Fähigkeiten einen direkten Einfluss auf die Resultate und Veränderungen in meinem Leben nehmen kann, ist das ein Gefühl des Empowerment.

Demgegenüber fühle ich mich im gegenteiligen Fall viel eher als Opfer, bzw. so als würde mir das Leben “passieren” und als ob ich keinen Einfluss darauf habe oder den Umständen ausgeliefert bin. 

4 Säulen der Selbstwirksamkeitserwartung

Laut Albert Bandura ist die Selbstwirksamkeitserwartung ein wichtiger Bestandteil von Motivation und Lernen.
Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung kann dazu führen, dass eine Person mehr motiviert ist, schwierige Aufgaben anzugehen und Herausforderungen zu bewältigen.
Eine niedrige Selbstwirksamkeitserwartung kann hingegen dazu führen, dass eine Person weniger motiviert ist, sich Herausforderungen zu stellen und eher aufzugeben.

Das Konzept von Bandura umfasst konkret 4 Säulen, die die Selbstwirksamkeitserwartung beeinflussen:

1. Erfahrung bzw. Erfolgserlebnisse: „Habe ich schon einmal geschafft, packe ich auch diesmal.“

Wer eine vergleichbare Situation schon einmal erfolgreich gemeistert hat, traut sich dies auch zukünftig eher zu.

Das heißt ganz einfach, du bewältigst eine Herausforderung oder findest eine Lösung für ein Problem. Und genau das gibt dir Selbstbewusstsein, denn was du einmal kannst, kannst du auch wieder.

Durch das Erfolgserlebnis steigt deine Überzeugung, dass du auch zukünftigen Herausforderungen und Problemen gewachsen bist.

2. Modelllernen bzw. stellvertretende Erfahrung: „Wenn der das schafft, schaffe ich das auch.“ 

Meistern andere mit vergleichbaren Fähigkeiten eine herausfordernde Situation, kann sich das positiv auf deine eigene Selbstwirksamkeit auswirken. Es erhöht deine Überzeugung, dass du das, was du an anderen beobachtest, auch selbst kannst. 

So kannst du dich zum Beispiel auf ein Vorbild oder eine Art Mentor/-in beziehen. Vielleicht beobachtest du in deinem Umfeld jemanden, der eine clevere Lösung für ein Problem findet, gut mit anderen Menschen umgehen kann, oder durch seine Strategie schnell seine Ziele erreicht. Durch diese Beobachtung kommst du zu der Überzeugung, dass du ähnliche Herausforderungen auch so lösen oder bewältigen kannst. Denn wenn der oder die das kann, warum solltest du das nicht können?

Ein einfaches Beispiel dafür sind Sportler, die ihre Leistung verbessern wollen. Sie schauen sich Videos von anderen erfolgreichen Athleten an und versuchen dann dieselben Techniken anzuwenden.

3. Soziale Unterstützung bzw. verbale Ermutigung: „Du schaffst das!“

Die dritte Säule der Selbstwirksamkeitserwartung ist die verbale Ermutigung oder soziale Unterstützung. Wird gut zugeredet, dann steigt das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und man strengt sich mehr an. Vor allem bei Kindern kann man das sehr gut beobachten. 

Um beim Sportler Beispiel zu bleiben, wäre das ein Trainer oder Coach, der die Teammitglieder in Ihren Kompetenzen stärkt und das Team verbal aufbaut und motiviert. 

Wichtig ist hier sicherlich, dass derjenige, der einem Mut zuspricht, auch wirklich meint, was er oder sie sagt. Denn ein lahmes „Du kannst das“ ohne den Glauben daran wird in der Regel intuitiv durchschaut und verliert dadurch natürlich an seiner Wirkung. 

4. Körperliche und emotionale Zustände managen: „Herzklopfen gehört dazu, aber ich kenne es und lasse mich dadurch nicht ausbremsen.“

Die vierte Säule der Selbstwirksamkeitserwartung bezieht sich auf deinen jeweiligen körperlichen und emotionalen Zustand und auf die damit verbundenen Empfindungen. 

Wenn du beim Ausführen einer Aufgabe in einem guten Zustand bist – physisch und emotional – wird deine Überzeugung, die Aufgabe erfolgreich meistern zu können, gestärkt. Umgekehrt können unangenehme körperliche oder emotionale Zustände dazu führen, dass die Selbstwirksamkeitserwartung sinkt und du anfängst, an deinen Fähigkeiten oder dem Erfolg zu zweifeln. 

Um beim sportlichen Beispiel zu bleiben – stell dir vor, du nimmst an einem Wettkampf teil. Vor dem Startschuss bekommst du Herzklopfen, zittrige Hände oder einen Schweißausbruch. Natürlich steigert das auch deine mentale Anspannung. Wenn du diese körperlichen und mentalen Reaktionen kennst, deuten und idealerweise positiv beeinflussen kannst, gelingt es dir, dich wieder zu entspannen und dich auf dein Ziel zu fokussieren. 

Ein Sportler könnte zum Beispiel Atemtechniken, oder mentale Bilder vom Erfolg usw. für sich nutzen, um sich proaktiv zu beruhigen. 

Bedeutung für Bildung und Arbeit

Auch im Bildungssektor und der Arbeitswelt haben die Säuleń der Selbstwirksamkeitserwartung wichtige Implikationen.

  • Wenn Lehrer zum Beispiel die Selbstwirksamkeitserwartungen ihrer Schüler stärken können, werden diese wahrscheinlich besser lernen und bessere Ergebnisse erzielen. Eine Möglichkeit wäre es Schüler, die sich mit einem Thema schwer tun mit denen zusammen zu bringen, die es bereits gut beherrschen und sie zusammen arbeiten lässt. Der schwächere Schüler kann so den stärkeren nachahmen. In einer anderen Disziplin kann der Schwächere dann wiederum anderen ein Vorbild sein usw. 
  • In ähnlicher Weise können Arbeitgeber die Selbstwirksamkeitserwartungen ihrer Mitarbeiter stärken, indem sie ihnen mehr Verantwortung geben und ihnen mehr Entscheidungsfreiheit einräumen.
  • Auch Therapeuten und Coaches können die Selbstwirksamkeitserwartungen ihrer Klienten stärken, indem sie ihnen helfen, erfolgreiche Erfahrungen zu machen und mit den 4 Säulen zu experimentieren.

Wie du die 4 Säulen der Selbstwirksamkeitserwartung für dich nutzen kannst

Die 4 Säulen sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. 

Wenn du von deinen Fähigkeiten überzeugt bist und fest daran glaubst, dass dein Handeln einen direkten Einfluss auf die Ergebnisse in deinem Leben hat, wirst du motivierter sein und bessere Ergebnisse erzielen als Personen ohne diese Überzeugung. 

Wer diese 4 Säulen für sich zu nutzen weiß, kann sich sozusagen „positiv programmieren“. Du kannst gezielt an deiner eigenen Selbstwirksamkeitserwartung arbeiten und dadurch deine Fähigkeit verbessern, Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Versuch es einmal, du kannst nur gewinnen! #weildueswertbist

Praktische Tipps 

Du kannst dir zum Beispiel die folgenden Fragen stellen, um die jeweilige Säule der Selbstwirksamkeitserwartung für dich zu nutzen: 

  • Erfahrung bzw. Erfolgserlebnisse
  • Wie habe ich Herausforderungen in der Vergangenheit bereits bewältigt?
  • Welche meiner Talente und Fähigkeiten haben mir dabei geholfen?
  • Wie könnte ich diese Talente und Fähigkeiten für meine aktuelle Herausforderung einsetzen? (Copy-Paste Ansatz) 
  • Welche Strategien habe ich in der Vergangenheit für die Lösung meiner Probleme angewandt? 
  • Welche dieser Strategien war dabei besonders erfolgreich?
  • Wie könnte ich diese Strategie jetzt für mich nutzen? 
  • Modelllernen bzw. stellvertretende Erfahrung
  • Wer in meinem Umfeld hat eine ähnliche Aufgabe wie die meine schon einmal mit Bravour gemeistert? 
  • Wie hat er oder sie das angestellt? 
  • Welche Fähigkeiten oder Methoden hat er/sie dafür im Besonderen angewendet?
  • Welche dieser Fähigkeiten könnte ich auch anwenden oder versuchen?
  • Welche Persönlichkeit bewundere ich und wofür?
  • Wenn ich diese Persönlichkeit interviewen würde bezüglich der Herausforderung, der ich mich entgegensehe – was würde er oder sie mir wohl raten? 
  • Soziale Unterstützung bzw. verbale Ermutigung:
  • Wen könnte ich darum bitten, dass er mich bezüglich einer bevorstehenden Aufgabe verbal ermutigt, am besten regelmäßig? 
  • Wen könnte ich besuchen oder anrufen, der mich bestimmt ermuntert und mir Mut zuspricht, wenn ich ihm von meiner Herausforderung erzähle?
  • Wie könnte ich mir selbst Mut zusprechen? 
  • Wofür könnte ich mich selbst loben? 
  • Welches Zitat, welchen Spruch oder Karte könnte ich mir aufhängen, die mir bez. Bevorstehendem Mut macht? Am besten bringst du das irgendwo an, wo du es jeden Tag siehst (Kühlschrank, Spiegel o. ä.)
  • Körperliche und emotionale Zustände managen
  • Beobachte zunächst, welche körperlichen Signale du an dir wahrnehmen kannst, wenn du dich zum Beispiel unmittelbar einer Herausforderung gegenübersiehst. Zum Beispiel könntest du bemerken, dass dein Herz klopft, du einen trockenen Mund bekommst oder Ähnliches. Es ist erst einmal wichtig zu erkennen, was bei dir unter Anspannung abläuft. Denn wenn du diese Zeichen kennst, kannst du dich zum einen darauf einstellen und zum anderen versuchen, dich entsprechend zu stabilisieren.
  • Wenn du diese Signale wahrnimmst, kannst du Ideen entwickeln, wie du dich aktiv beruhigen kannst. Zum Beispiel könntest du eine Atemtechnik erlernen. Oder dich auch ganz einfach auf deinen Atem konzentrieren und die Wahrnehmung bewusst auf etwas Anderes richten. 
  • Du kannst dir innerlich sagen „das kenne ich, das geht vorüber.“
  • Vielleicht haben die körperlichen Signale auch den positiven Effekt, dass du wach und aufmerksam wirst. Dann lenke deine Gedanken darauf.
  • Du kannst eine Visualisierungsübung praktizieren, die dich beruhigt.
  • Du kannst dir ein mentales Bild suchen, das dich an einen Erfolg oder etwas Gelungenes in der Vergangenheit erinnert. Rufe dir diese Erfahrung, wenn möglich, mit allen deinen Sinnen ins Gedächtnis, denn dann kannst du dir auch die positiven Emotionen wieder herholen, die damit verbunden sind, und im Jetzt für dich nutzen.
  • Albert Bandura: Perceived Self-Efficacy in Cognitive Development and Functioning. In: Educational Psychologist. 28 (2), 1993, S. 117–148..
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