Was ist nitrosativer Stress?

Nitrosativer Stress – häufig unerkannt und als psychosomatischer Zustand verkannt.

Was ist nitrosativer Stress, wie wirkt er im Körper, wie kann man ihn diagnostizieren und wie bekommt man ihn wieder los? Informier dich über diesen Zustand, der oft fälschlicherweise als psychosomatisch diagnostiziert wird.

Radikaler Stress

Stress kennt jeder, meistens aus eigener Erfahrung. Aber mit dem Begriff nitrosativem Stress kann man erst mal nicht viel anfangen, und damit gemachte Erfahrungen sind schwieriger einzuordnen, denn er äußert sich häufig in einer Reihe von Symptomen, die zunächst zusammenhangslos erscheinen mögen.

Nitrosativer Stress ist eine spezielle Form von oxidativem Stress. Oxidation findet im Körper dann statt, wenn freie Radikale (sehr reaktionsfreudige, instabile Sauerstoffverbindungen mit einem ungepaarten Elektron) anderen Strukturen ein Elektron entreißen, z.B. der DNA, Zellmembranen oder anderen Zellstrukturen. Freie Radikale sind sozusagen „Elektronenräuber“ und führen zu Oxidation, auch oxidativem Stress genannt.

Bei nitrosativem Stress hingegen sind Stickstoffmonoxid-Radikale (NO-Radikale) am Oxidationsprozess beteiligt, durch die hochgiftige Substanzen entstehen. Diese schädigen Zellen, die DNA (Erbgut) und Mitochondrien, und bewirken, dass die Zellen in Folge fehlerhaft arbeiten, und ihre Funktion nicht mehr vollständig ausüben können. Wenn dieser Zustand längerfristig anhält, kommt es zu chronisch nitrosativem Stress, mit weitreichenden Konsequenzen.

Was macht Stickstoffmonoxid im Körper?

Prinzipiell ist Stickstoffmonoxid (NO) ein wichtiger Stoff, der für viele Körperfunktionen benötigt wird. So tötet NO beispielspielsweise Bakterien ab, und ist somit Teil des Immunsystems. Wenn du dich also aufgrund eines bakteriellen Infektes krank fühlst, müde bist und Gliederschmerzen hast, liegt das am nitrosativen Stress, den der Körper gezielt einsetzt, um die Bakterien wieder loszuwerden.

Dabei sind 4 Enzyme für die NO-Bildung verantwortlich, die NO-Synthasen, kurz NOS. Sie sind bestimmten Organen zugeordnet.

  • Endotheliale NOS (aktiv in Arterien Innenwänden): entspannt die Gefäßmuskulatur und bewirkt Blutdrucksenkung und Herzentlastung
  • Neuronale NOS (aktiv in den Nervenzellen): wirken als Neurotransmitter
  • Induzierbares NOS (aktiv in den Zellen des Immunsystems): wirken als Immunregulator und werden bei Entzündungsreaktionen, Infekten und Chemikalienbelastung angeregt.
  • Mitochondriales NOS (aktiv in den Mitochondrien): wirken als Stoffwechselregulator, bei der Vermehrung von Gewebe, der Embryonalentwicklung, der Apoptose und der Regulierung des Sauerstoffverbrauchs.

Das ist deswegen erwähnenswert, weil bei einem gestörten NO-Stoffwechsel alle diese Bereiche beeinträchtigt sein können.

Der NO-Teufelskreis

Gerät der NO-Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht, beginnt ein Teufelskreis. Zu viel NO Bildung zieht nach sich, dass verstärkt freie Radikale gebildet werden. Diese bilden dann das toxisch wirkende Peroxynitrit (entsteht aus NO und Hyperoxid), das wiederum die Bildung von Molekülen anregt, die in Folge noch mehr Stickstoffmonoxid (NO) bilden. Das heißt, es kommt zu einer steigenden Belastung mit Stoffwechselgiften und zu starkem Vitaminmangel, da die Reserven an Antioxidantien aufgebraucht werden.

Die übermäßig vorhandenen freien Radikale können zu Entzündungsprozessen und weiteren Erschöpfung der Reserven führen. Das Ungleichgewicht verschiebt sich weiter und man steckt im Teufelskreis.

Dieser Teufelskreis kann eine lange Latte an Symptomen nach sich ziehen:

  • Schmerzen/Kopfschmerzen
  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Chronische Müdigkeit
  • Nahrungsmittelallergien (Peroxynitrit erhöht die Durchlässigkeit der Darmwände, die Stoffe, die dadurch ins Blut gelangen, lösen die allergische Reaktion aus)
  • Cholesterinerhöhung
  • Gelenkschmerzen
  • Infektneigung
  • ADS
  • Unspezifische Entzündungsreaktionen der Lendenwirbelsäule
  • Unklare neurologische Erkrankungen
  • Hohe Stressempfindlichkeit
  • Angststörungen oder Panikattacken (Störung der Neurotransmittersynthese)
  • Depressionen und depressive Verstimmungen (durch erhöhte Stickoxid-Werte im Gehirn)

Laut des bahnbrechenden Buches von Dr. Martin L. Pall “Explaining unexplained illnesses” haben Multisystemerkrankungen wie Fibromyalgie (FM), Multiple Chemikaliensensibilität (MCS), chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) und Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) zwar eigene Auslöser, wie z.B. virale oder bakterielle Infektionen, oder Traumata, aber sie weisen als Gemeinsamkeit exzessive Werte von Stickoxid und Peroxynitrit auf, was den beschriebenen endlos Teufelskreis auslöst. Das bedeutet der NO Teufelskreis ist nicht der Auslöser, aber ein wichtiger Faktor, der die Erkrankung chronisch werden lässt.

Aufgrund der vielfältigen Symptome, die ganz unterschiedliche Organsysteme betreffen können, werden die durch nitrosativen Stress verursachten Beschwerden häufig fälschlicherweise als psychosomatisch eingestuft. Auch Fehldiagnosen wie Vergiftungen oder chronische Borreliose kommen vor. Noch sind die weitreichenden Auswirkungen eines gestörten NO-Stoffwechsels kein Allgemeinwissen in Medizinerkreisen, und eine Einordnung nur anhand der Symptome ist schwierig.

Wie kann man nitrosativen Stress diagnostizieren?

Eine Blutanalyse reicht zur Diagnostik nicht aus. Aber nitrosativer Stress lässt sich relativ einfach im Urin feststellen. Es werden Citrullin, Methylmalonsäure und Cystathionin Werte erhoben. Auch in der Atemluft lässt sich nitrosativer Stress mithilfe eines Isotopen-Gasspuren-Messgerätes ablesen. Die Parameter dafür sind NO, Ammoniak, Pentan, Isopren, Aceton, Ethanol, Methanol u.a.

Geralt/Pixabay

Wie therapiert man nitrosativen Stress?

Laut Kuklinski, Facharzt für innere Medizin, Umwelt- und Nährstoffmedizin, und Koryphäe auf seinem Gebiet, ist die Therapie von nitrosativem Stress nur durch Mikronährstoffe möglich. Dabei fokussiert man sich auf Mikronährstoffe, die vor allem Stickstoffmonoxid und Radikale binden, als essenzielle Katalysatoren im Mitochondrien Stoffwechsel wirken, und die Myelinscheiden von geschädigten Nervenfasern wiederherstellen. Je nach Krankheitsbild gibt man in der Regel vier bis sieben Präparate.

Zunächst Einzelpräparate in höherer Dosierung, später niedriger dosierte Kombipräparate. Eingesetzt werden:

  • Vitamin B1
  • Vitamin B2 und Coenzym Q10
  • Vitamin B6
  • Vitamin B12 (zur NO-Senkung)
  • Vitamin B3 (Nikotinsäureamid und Niacin)
  • Provitamin B5 (Panthenol)
  • alpha-Liponsäure
  • Biotin und Folsäure (da der Bedarf bei Vitamin B12-Gaben steigt)
  • Vitamin C (Oxidationsschutz der Neurotransmitter)
  • Vitamin D3
  • Vitamin E
  • Vitamin K
  • Omega-3-Fettsäuren
  • Lecithin (aus Eigelb, nicht aus Soja)
  • Taurin

Darüber hinaus ist es sinnvoll die Spiegel von Magnesium, Kalium, Zink, Selen, Kupfer, Mangan und Molybdän zu prüfen, sowie die Eisendepots (da NO den Eisen-Stoffwechsel blockiert).

Richtige Ernährung und Bewegung

Extrem wichtig ist es auch, sich ausreichend zu bewegen, und eine Ernährungsumstellung. Am besten ist hier eine Kost mit niedrigem glykämischen Index und niedriger glykämischer Last wie die LOGI-Kost (Low glycemic insulinemic). Das ist wichtig, da bei nitrosativem Stress Kohlenhydrate energetisch nicht verwertet werden können, was zum Fettansatz führen und Entzündungen aktivieren kann.

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Die LOGI-Kost umfasst hauptsächlich stärke- und zuckerarme, ballaststoff- und wasserreiche Lebensmittel, und Öle mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren (Leinöl, Walnussöl). Die Gesamtkalorien sollten sich aus 50 % Fett, 25 % Eiweiß und 25 % komplexe Kohlenhydrate zusammen setzen (versus schnell verfügbaren Kohlenhydraten wie Pasta, Brot, Reis etc.). Weißmehlprodukte, gesüßtes (auch Getränke), glukose- und fruktosehaltige Früchte, nitratreiche Nahrung (Wurst, Fleischkonserven, nitratreiche Gemüse) werden vermieden.

Dabei stellt die LOGI-Kost keine Diät dar, sondern eine gesundheitsfördernde Ernährungsumstellung. Wenn du also denkst, es reicht ein paar Nahrungsergänzungsmittelchen einzuwerfen, denkst du zu einfach.

Eine Anpassung der Lebensgewohnheiten erfordert zwar eine klare Entscheidung, und Disziplin in der Umsetzung. Die Verbesserung der Beschwerden und die Steigerung der Lebensqualität lohnen aber den Einsatz. Gleichzeitig ist es wichtig zu erkennen, dass du etwas mit deiner Gesundheit zu tun hast, und diese nicht ausschließlich in die Hände eines guten Therapeuten legen solltest, sondern sie proaktiv beeinflussen kannst. Denn handlungsfähig zu sein ist eine gute Sache. #weildueswertbist

P.S: Auch interessant – die damals bahnbrechenden Erkenntnisse zu NO wurden 1998 mit dem Nobelpreis für Physiologie und Medizin honoriert. 

Unsere Favoriten

Wir werben für Partner und Produkte, von denen wir überzeugt sind und mit denen wir in der Praxis sehr gute Erfahrungen gemacht haben. Das bedeutet, diese entsprechen hohen Standards bezüglich Qualität, Preis-Leistungs-Verhältnis, therapeutisch wirksamer Dosierung, Reinheit und Nachhaltigkeit. Die Einnahmen, die wir durch manche der Empfehlungen erzielen, kommen dem Blog zugute. #weildueswertbist

  • Doz. Dr. sc. med. Bodo Kuklinski, Nitrosativer Stress – Teil 1, Internationales Journal für orthomolekulare und verwandte Medizin, 2008, Nr. 124
  • Doz. Dr. sc. med. Bodo Kuklinski, Nitrosativer Stress – Teil 2, Internationales Journal für orthomolekulare und verwandte Medizin, 2008, Nr. 125
  • Longley, Kathy. „Explaining “Unexplained Illnesses”: Disease Paradigm for Chronic Fatigue Syndrome, Multiple Chemical Sensitivity, Fibromyalgia, Post-Traumatic Stress Disorder, Gulf War Syndrome, and Others, by Martin L. Pall, PhD: Harrington Park Press, New York, 2007, 446 pages, $39.95.“ (2008): 355-356.
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