Lesenswert: Wenn du kein Problem hast, mach dir eins!

Warum unser Gehirn Herausforderungen braucht – und wie wir dadurch wachsen können. Ein vorrangig systemischer Ratgeber, der nicht so genannt wird.

Von Dr. med. Franz Sperlich

Ich stelle dir hier einen sehr positiven Ratgeber vor, der beim Lesen Freude macht und sehr kurzweilig geschrieben ist. Im Grunde genommen ist es ein vorrangig systemischer Ratgeber, auch wenn der Autor viele der systemischen (und teilweise NLP) Ansätze und Methoden, die er beschreibt, nicht als solche zu erkennen gibt und auch keine entsprechenden Referenzen angibt. Und das ist auch schon mein einziger Kritikpunkt. Der Autor schmückt sich eben teilweise mit fremden Federn, ohne den Vogel beim Namen zu nennen. Steht ihm aber gut, denn es sind sehr schöne Federn. 

Der Aufbau des Ratgebers ist sehr kurzweilig gestaltet und die Kapitel sind auch grafisch aufgebrochen durch erklärende Details und Impulse, die Sperlich gibt, um die praktische Umsetzung des Gelesenen zu fördern. Das wiederum hat mir sehr gut gefallen und ist sehr schön gemacht. Diese Federn könnten andere vielleicht von ihm klauen. 

Die Kraft des Unerwarteten 

So wie die systemische Methode wartet Sperlich mit Unerwartetem auf, das sich bereits im Buchtitel spiegelt. Anstatt über Probleme zu jammern, lädt er den Leser zu einem grundlegenden Perspektivenwechsel ein. Denn Probleme sind ein natürlicher Bestandteil unseres Lebens und wir sind mit Fähigkeiten, Talenten und Lebenserfahrung, also Ressourcen ausgestattet, die uns deren Lösung ermöglichen. Sperlich regt folglich an, sich an Problemen zu freuen, denn nicht die Problemlösung ist ein Ziel in unserem Leben, sondern das persönliche Wachstum. Und Wachstum ist ohne Probleme, die es zu lösen gibt, schwierig. So plädiert Sperlich zum Beispiel dafür, sich größere Probleme zu schaffen, denn an größeren Problemen wächst man mehr. 

Gerald Hüther, der bekannte Neurobiologe, nennt das die Kohärenzwiederherstellungskompetenz. Kurz erklärt beschreibt das so was wie – das Gehirn freut sich über Probleme. Wenn es reden könnte, würde es sagen: „Danke Problem, dass du gekommen bist, auch mit dir werde ich jetzt fertig (Gefühl).“ Und dieses Gefühl kann ich nur bekommen, wenn ich genug Probleme habe. Also brauche ich Probleme. Das ist jetzt mein Senf dazu, denn Dr. Sperlich stellt keinen Bezug zu Gerald Hüther her. 

Psychoedukation 

Zu Beginn des Ratgebers erklärt Sperlich biologische Prozesse des Gehirns, beschreibt typische Gedankengänge, die durch ungünstige Gewohnheiten entstehen und erklärt, wie man sein Gehirn auch wieder „umbauen“ kann, und damit neue Herangehensweisen unterstützt werden. Das sind nützliche Details, um ein grundlegendes Verständnis dafür zu bekommen, welche Automatismen du z.B. beim Problemlösen entwickeln kannst, und warum diese manchmal im Kreis herumführen. 

Und was man nicht beobachtet und erkennt, kann man nicht ändern. Folglich regt Sperlich den Leser an, das Beobachten aus der Vogelperspektive (in der Systemik auch Metaebene genannt. Oder im NLP „the fly on the wall”) zu üben. Die Impulse, die er gibt, sind sehr brauchbar und regen zum praktischen Erproben an. Die Theorie allein löst schließlich noch keine Probleme. 

Perspektivenwechsel

Der Autor bietet im Buch einen neuen Blick auf deine Probleme und lädt dich zum Perspektivenwechsel ein. Dadurch führt er mehr Leichtigkeit und auch Humor bei der Problemlösung ein, und was wird durch Leichtigkeit, eine neugierige Haltung und Humor nicht einfacher? Der Spaß an der Sache sollte deshalb laut Sperlich auch bei der Problemlösung nicht fehlen. Und da bin ich ganz seiner Meinung. 

Systemische Methoden – das Reframing

Er legt dem Leser systemische Methoden nahe, wie z.B. das Reframing (auch wenn er es nicht so nennt). Mit Reframing (von engl. „frame“ = Rahmen) ist gemeint, dass man etwas aus einer anderen Perspektive betrachtet und in einen neuen Kontext (Zusammenhang) stellt, was die Bedeutung bzw. vorherige Bewertung oder Zuschreibung grundlegend verändern kann.

Ein einfaches Beispiel dafür ist, dass du dir vorstellst, das Problem einmal durch eine besonders gefärbte Brille anzusehen. Zum Beispiel die humorvolle, die optimistische, die wohlwollende, oder die dankbare Brille. Thomas Alva Edison als bedeutsamer Vertreter eines Reframings (bevor der Begriff so definiert wurde) hat das so ausgedrückt: 

Ich bin nicht gescheitert – ich habe 10.000 Wege entdeckt, die nicht funktioniert haben.

Thomas Alva Edison

Die Selbstwirksamkeitserwartungen von Bandera finden ebenfalls Beachtung – und das zu Recht. Denn wer sich einem Problem gegenüber sieht, möchte Lösungsansätze – und die bieten die von Bandera ausgearbeiteten Strategien. Sperlich gibt wie üblich einen Impuls dazu. Weitere Impulse zum Ausprobieren findest du im oben verlinkten Artikel zu den Selbstwirksamkeitserwartungen. 

Auch Verankerungen, Musterunterbrechungen und paradoxe Interventionen (Verschreibung des Symptoms), also weitere systemische Methoden hat Sperlich in seinem Buch eingebaut. Sinnvoll ist das sicherlich, denn wie ich aus eigener Erfahrung als systemische Therapeutin weiß, sind es Methoden, die sehr gut funktionieren. Und das bedeutet, es lohnt sich, Sperlichs Einladung zu folgen, das Buch zu lesen und die Impulse, die er mitgibt, zu testen. Denn alles, was dein persönliches Wachstum fördert, kann dir zu einem gesunden, bewussteren und erfüllenderen Leben verhelfen. #sogehtgesund

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„Wenn du kein Problem hast, mach dir eins!“

Das Buch zum Artikel

  

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