Stuhlgang-Alarm: Ach du liebe Sch…

Warum der Blick in die Kloschüssel lohnt und was er uns sagt.

Diagnostische Hinweise über den täglichen, faszinierenden Vorgang.

Verständlich, dass wir uns nicht ausgiebig mit unseren Mitmenschen über unseren Stuhlgang unterhalten, denn es handelt sich nicht um partytauglichen Gesprächsstoff, und es käme irgendwie unsexy rüber. Auf der anderen Seite ist das sehr bedauerlich, weil der Blick in die Kloschüssel diagnostische Möglichkeiten eröffnet, derer du dir vermutlich nicht bewusst bist, und Aufschluss darüber geben kann, was gesund ist, und was nicht.

Ich will also nicht anregen, den Kloschüssel Inhalt als Orakel zu nutzen, aber Hinweise geben und Handlungsoptionen anbieten, falls es Anhaltspunkte dafür gibt, dass dein Stuhlgang nicht der Norm entspricht und du vielleicht deshalb aktiv werden solltest.

Woraus besteht unser tägliches Geschäft? 

Wenn wir tagtäglich unser Geschäft auf dem Lokus erledigen, woraus besteht das überhaupt? Prinzipiell gesprochen scheidet der Körper alles aus, was er nicht verwertet. Im Wesentlichen besteht unser Stuhl aus toten Bakterien, unverdauten Ballaststoffen, Gallenfarbstoffen und abgestorbenen Zellresten aus dem Darm und dem Blut. Etwa die Hälfte der ausgeschiedenen Stuhlmenge eines gesunden Erwachsenen besteht aus Bakterienmaterial. Ein Gramm Stuhl enthält dabei etwa 100 Milliarden (1011) bis 1 Billion (1012) Bakterien. Das deutet auf die unvorstellbar große Anzahl von Bakterien hin, die als Teil des Mikrobioms in unserem Darm leben.

Und es zeigt, dass der Körper erstaunlich gut darin ist, Nahrung zu verwerten, denn er gibt im Normalfall nichts Wertvolles an die Kläranlage weiter.

Wie oft ist oft genug?

Foto von Rashid Khreiss/Unsplash

Jeder braucht ein stilles Örtchen. Und zwar täglich. Das heißt, falls du nicht mindestens einmal täglich eine Hinterlassenschaft abwirfst, leidest du unter Verstopfung. Und das ist ein Zustand, der Leiden verursachen kann. Diese entstehen zum Beispiel durch schmerzhaftes Drücken (was die ebenfalls nicht gesellschaftsfähigen Hämorrhoiden verursachen kann), Aufgeblähtsein, oder Bauchschmerzen und -krämpfe.   

Zu viel des Guten

Zu viel des Guten wäre der klassische Durchfall. Von dem spricht man im Grunde erst, wenn das große Geschäft mehr als dreimal täglich stattfindet, und der Stuhl in der Menge vermehrt oder dünn bis flüssig ist. Eine Ausnahme bilden Säuglinge, die bis zu fünfmal täglich Stuhlgang haben, oder auch nur einmal alle fünf Tage. Beides wäre noch kein Alarmsignal. 

Durchfall ist jedoch keine Krankheit, sondern ein Symptom, hinter dem ursächlich die verschiedensten Krankheiten stecken können. Und man unterscheidet zwischen akutem und chronischem Durchfall. 

Was alles Durchfall verursachen kann

Im Akutfall ist häufig eine Infektion mit Viren (z. B. Noro- oder Rotaviren) oder Bakterien wie ETEC (Enterotoxische Coli-Bakterien), Campylobakter, Salmonellen oder Shigellen der Auslöser. Es gibt aber noch sehr viele andere mögliche Ursachen für Durchfall, z.B.: 

  • Medikamente wie Antibiotika, Abführmittel, Herzmedikamente wie Digitalis, Schmerzmittel, Zytostatika (Krebstherapeutika), Magnesiumhaltige Arzneimittel zur Neutralisierung der Magensäure
  • Große Mengen von Alkohol, Kaffee und Süßigkeiten, übermäßiger Genuss des Zuckeraustauschstoffes Sorbit (z.B. in Kaugummis)
  • Nahrungsverwertungsstörungen (z. B. bei Leberfunktionsstörungen)
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten (Gluten, Laktose, Fructose)
  • Psychische Faktoren wie z. B. Stress oder Angst
  • Chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung
  • Chronische Darminfektionen und Immundefekte
  • Tumore und Polypen
  • Strahlenbehandlung und Chemotherapie bei Krebserkrankungen (durch Schädigung der Darmschleimhaut)
  • Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn
  • Stoffwechselkrankheiten wie Schilddrüsenüberfunktion, Nebennierenrindenunterfunktion, Diabetes mellitus Typ 1 und 2, Mukoviszidose
  • Parasitenbefall

Wie du siehst, gibt es sehr viele mögliche Auslöser von Durchfall und diese Liste ließe sich noch ergänzen. Manche sind relativ harmlos, andere können Hinweise auf schwere Erkrankungen wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn oder Krebs sein.
Deshalb meine dringende Bitte: bei andauernden oder sich ständig wiederholenden Durchfällen unbedingt einen Arzt aufsuchen!

Wie solls aussehen? 

Über die unterschiedlichen Variationen unseres Stuhlgangs klärt uns die Bristol-Stuhlformen-Skala (Bristol Stool Scale) auf. Nach ihr werden sieben Stuhltypen unterschieden, wobei die Passagezeit von Typ 1 (bis zu 100 Stunden) bis zu Typ 7 (etwa 10 Stunden) abnimmt:

Illustration von Yulia Zelinskaya/Shutterstock
  • Typ 1: Einzelne, feste Kügelchen, schwer auszuscheiden
  • Typ 2: Wurstartig, klumpig
  • Typ 3: Wurstartig mit rissiger Oberfläche
  • Typ 4: Wurstartig mit glatter Oberfläche
  • Typ 5: Einzelne weiche, glattrandige Klümpchen, leicht auszuscheiden
  • Typ 6: Einzelne weiche Klümpchen mit unregelmäßigem Rand
  • Typ 7: Flüssig, ohne feste Bestandteile

Die Typen 1 und 2 weisen auf eine Verstopfung hin, die Typen 5 bis 7 auf Durchfall. Die Typen 3 und 4 gelten als „Idealstuhl“, der leicht auszuscheiden ist und auf keine Erkrankungen hinweist.

Der Geschäftsmodus 

Wenn ich meine Patienten frage „wie ist Ihr Stuhlgang?“, sagen sie alle quer durch die Bank „normal“. Den allermeisten ist aber nicht bekannt, was normal oder genauer gesagt gesund ist. Denn wenn ich es verbal beschreibe, weicht das Stuhlverhalten von ca. 8 von 10 Personen davon ab. Ein gesunder Stuhlgang sollte so erfolgen: 

  • ein- bis maximal dreimal täglich
  • schnell
  • absolut schmerzfrei
  • ohne Drücken
  • in einem oder mehreren Würstchen (s.o.), die eine klar abgegrenzte Form haben und nicht schwimmen
  • es muss nur einmal gewischt werden, und das nur zur Sicherheit, denn es hängt nichts oder sehr wenig am Klopapier

Spätestens beim letzten Punkt fängt mein Gesprächspartner üblicherweise an, sich zu winden. Und das war meiner Meinung nach auch der Grund für die Hamsterkäufe von Toilettenpapier im Corona Lockdown – die meisten Menschen haben Probleme mit ihrer Darmgesundheit und verbrauchen folglich Unmengen von Klopapier. 

Und wenn der Stuhlgang von oben gelisteter Beschreibung in mehr als 10 – 15 % der Fälle abweicht, kann man eigentlich davon ausgehen, dass eine Darm Dysbiose vorliegt, das heißt eine falsche Zusammensetzung der Darmflora

Foto von Jasmin Sessler/Unsplash

Welchen Bauch hast Du?

Darüber hinaus gibt auch der Bauch Aufschluss darüber, ob eine Dysbiose vorliegt. Gemäß F.X. Mayr, der eine eigene Diagnostik der Auswirkungen des Darmes auf die Körperhaltung und Gesundheit entwickelt hat, kann man u.a. zwischen zwei pathologischen, d.h. ungesunden Bauchformen unterscheiden.  

Der Gasbauch

Hier kommt es aufgrund einer Dysbiose zu Gasbildung. Beim Gasbauch kommt es zu einem trommelartig bis ballonförmig aufgetriebenen Bauch. Er ist kugel- oder eiförmig, da das Gas nach oben zieht. Durch das raumfordernde Gas kann der Bauch ziemlich hart sein, und klingt hohl, wenn man ihn perkutiert (abklopft). Durch die Gasbewegung nach oben kann es auch zum Roemheld Syndrom kommen (Druck auf das Herz). Die Gase gehen häufig mit Toxinbildung einher und  wohlgemerkt ist auch ein ständiger Abgang von Gasen nicht normal!

Der Kotbauch

Beim Kotbauch liegen aufgrund einer Dysbiose Fäulnisprozesse vor. Es kommt zu mit flüssig-breiigem Inhalt gefüllten Darmschlingen. Diese folgen dem Gesetz der Schwerkraft, und drängen dadurch nach unten und vorne. Die Form entspricht in etwa einem herabhängenden, schweren Sack. Und jeder Lagewechsel verändert die Bauchform (was beim Gasbauch nicht der Fall ist). 

Beide Bauchformen sind pathologisch, d.h. ungesund und wenn du einen davon hast, solltest du aktiv werden, und deinen Darm sanieren. Vor allem die Gas- und Toxinbildung ist längerfristig ein sehr ungünstiger Faktor, der über die Darm-Hirn-Achse bis zu neurodegenerativen Zuständen führen kann (Gedächtnisverlust, Alzheimer, Parkinson etc.). 

F.X. Mayr hat noch weitere „Bäuche“ und Fehlhaltungen definiert, die auf einen kranken Darm zurückzuführen sind. Das bedeutet auch, dass man über eine Darmsanierung seine Körperhaltung und Physiognomie (Erscheinungsbild) positiv beeinflussen kann.

Aber darüber schreibe ich vielleicht ein andermal mehr.

Foto von Amit Lahav/Unsplash

Farbcodes

FarbeMögliche UrsachenWas tun?
GelbAntibiotika, Milchprodukte, Glutenunverträglichkeit, fehlende Gallenflüssigkeit, Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse, Fettstuhl (ockerfarben bis gelb, oft übel riechend und schmierig) z.B. aufgrund chronischer  BauchspeichelentzündungGelbliche Verfärbungen über mehrere Wochen sollten abgeklärt werden.
GrünSpinat (große Mengen), bakterielle Infektion z. B. durch Salmonellen. Zu viel Galle im Stuhl oder ungenügende RückresorptionBei gleichzeitigem Durchfall solltest du zum Arzt gehen.
RotRote Bete, Rotwein, aufgelagertes Blut (z.B. durch Hämorrhoiden oder Analfissuren), Blut aus dem unteren Verdauungstrakt (Gastrointestinaltrakt)Bei Verdacht auf Blut im Stuhl solltest du zum Arzt gehen
SchwarzBlaubeeren, Kohletabletten, Einnahme von Eisenpräparaten, mitverdautes Blut aus dem oberen Gastrointestinaltrakt aufgrund von BlutungenWenn es nicht Nahrungs- oder Medikamenten- abhängig ist, solltest du zum Arzt gehen.  
Grau bis WeißFehlende Gallenflüssigkeit, Funktionsstörung der Leber oder Galle, nach Röntgen-Kontrastmittel Hier ist ein Arztbesuch notwendig. 

Was tun, wenn das tägliche Geschäft nicht richtig läuft? 

Prinzipiell kann man sagen, dass du dich an einen Arzt oder Therapeuten wenden solltest, wenn du dauerhaft Verstopfung oder Durchfall, oder beides abwechselnd hast. Abhängig von den Nahrungsmitteln, die du zu dir nimmst, und deinem Stresslevel, kann es gelegentlich zu Verstopfung oder Durchfall kommen. Wenn diese Zustände andauern, ist das jedoch ein Hinweis, dass etwas nicht stimmt und du solltest dich entsprechend untersuchen lassen. 

Bei gelegentlichen Unregelmäßigkeiten könntest du folgendes versuchen:

Bei Verstopfung: 

  • Erhöhe als Erstes deine Trinkmenge. Wenn zu wenig Wasser im Körper ist, wird der Stuhl hart und die Passage ist erschwert.
  • Versuche, dich mehr zu bewegen, denn Bewegungsmangel kann eine Ursache sein.
  • Trink ein Glas Sauerkrautsaft oder Pflaumensaft, die eine leicht abführende Wirkung haben.
  • Weiche morgens 2 gehäufte Teelöffel Flohsamenschalen oder Leinsamen in 200 ml Wasser ein und lass es 5 – 10 min quellen. Dann kannst du es trinken. Durch die Schleimstoffe wird die Darmpassage erleichtert und gleichzeitig fütterst du deine Darmbakterien. Im Anschluss am besten noch ein Glas Wasser nach trinken.
  • Du kannst einen Einlauf mit grünem Kaffee machen. Zum Beispiel hier bekommst du ihn in Bio-Qualität (das ist wichtig). Das führt ab und entgiftet gleichzeitig. Dazu kochst du 2 EL grünen Kaffee mit 0,8 – 1 l Wasser kurz auf. Dann lässt du ihn 10 min. auf niedriger Hitze köcheln. Danach seist du den Kaffee ab und lässt ihn abkühlen, bis die Temperatur erträglich ist. Dann mit Klistier liegend in Seitenlage anwenden (so nah an der Toilette wie möglich).

Bei Durchfall:

  • Auch bei Durchfall solltest du ausreichend Wasser, Tee oder Brühe zu dir nehmen, da durch den häufigen Stuhlgang Wasser und Elektrolyte verloren gehen.
  • Kaffee, Alkohol, Milch, Fruchtsäfte, kohlensäure- und zuckerhaltige Getränke solltest du vorerst meiden.
  • Du kannst Aktivkohle oder Kohle-Kompretten (gemäß Beipackzettel) einnehmen. Sie binden Bakterien und Gifte an sich und bekämpfen damit eine mögliche Ursache des Durchfalls.
  • Myrrhinil-Intest® ist ein traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur unterstützenden Behandlung bei Magen-/Darm-Störungen mit unspezifischem Durchfall, begleitet von leichten Krämpfen und Blähungen. Die Wirkstoffe dicken den Stuhl ein und wirken antientzündlich. Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren nehmen 3-mal täglich je 4 überzogene Tabletten vor dem Essen, mit reichlich Wasser bis der Durchfall verschwunden ist.
  • Eichenrinde wirkt durch ihre Gerbstoffe gegen Durchfall, und wurde bereits im Mittelalter eingesetzt. So machst du Eichenrindentee: ein Gramm (1/2 TL) fein geschnittene oder grob pulverisierte Eichenrinde aus der Apotheke mit 200 ml kaltem Wasser ansetzen und kurz aufkochen, fünf Minuten ziehen lassen und anschließend abseihen. Du kannst dreimal täglich eine Tasse trinken (ca. 30 Min. vor den Mahlzeiten).
  • Du kannst feine Heilerde einnehmen. Winzige Partikel verleihen ihr eine große Oberfläche, wodurch sie Stoffe anlagert und aufnimmt, und dann aus dem Körper transportiert.

Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz.

Martin Luther

Was kannst du bei Dysbiose oder Darmsymptomen tun?

Der Darm hat eine herausragende Bedeutung, weil ca. 80 % des Immunsystems darin angesiedelt sind. Ist dein Darm nicht in Ordnung, ist deshalb automatisch auch dein Immunsystem geschwächt, und du wirst anfälliger für Infekte. Der Darm ist ein Thema für sich, das ich in einem separaten Artikel behandeln werde, aber vertrau mir einfach, wenn ich sage, dass dein Darm eine enorme Wichtigkeit für deine Gesundheit hat. 

Um herauszufinden, was in deinem Darm los ist, solltest du am besten erst einmal deinen Stuhl untersuchen lassen. Es könnte zum Beispiel eine der folgenden Zustände vorliegen: 

  • Bakterielle Fehlbesiedelung (von manchen zu viel, von manchen zu wenig etc.)
  • Candida Pilze (die einem Essverhalten aufzwingen können und Heißhungerattacken auf Süßes machen)
  • Geringe Diversität (zu wenig unterschiedliche Bakterien)
  • pH-Verschiebung
  • Entzündliche Prozesse im Darm
  • Toxine im Darm

Sollte eine Dysbiose bei dir vorliegen, solltest du eine Darmsanierung machen, um sie in Ordnung zu bringen. 

Auf der Basis der Stuhluntersuchung kann dir dein Arzt oder Therapeut eine entsprechende Darmsanierung empfehlen. Dazu gibt man in der Regel Probiotika und Präbiotika. Kompliziert ist eine Darmsanierung nicht, aber sie dauert zwischen vier bis sechs Monaten, wenn sie ordentlich gemacht wird. 

Je nachdem, was vorliegt, könnte auch eine Ernährungsumstellung sinnvoll oder nötig sein. Aber vielleicht wolltest du das sowieso schon lange angehen? Dann wäre jetzt ein geeigneter Zeitpunkt aktiv zu werden, während du deinen Darm in Ordnung bringst, und damit auch dein Immunsystem fit machst. Und damit in Zukunft selbst deine Ausscheidungsprodukte eine Augenweide ist …

Wer mehr über das faszinierende Organ Darm erfahren möchte, dem sei das Buch „Darm mit Charme“ ans Herz gelegt.

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„Darm mit Charme“

Das Buch zum Artikel

  • Bull M.J., Plummer N.T. Part 1: The Human Gut Microbiome in Health and Disease. In: Integrative Medicine: A Clinicians Journal 13(6), S. 17-22, 2014
  • Rauch, Erich. Lehrbuch der Diagnostik und Therapie nach FX Mayr. Vol. 22005. Haug, 1994.
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